Die Rumpfkapsel: Unser wichtiges System für Stabilität und Gesundheit

Die Rumpfkapsel, oft auch als “Core” bezeichnet, ist das Zentrum unserer körperlichen Stabilität und Bewegung. Sie besteht aus einer Gruppe von Muskeln, die zusammenarbeiten, um die Wirbelsäule zu stabilisieren, die Haltung zu unterstützen und die Bewegungen des Körpers zu koordinieren. In diesem Artikel werden wir uns auf vier wesentliche Komponenten der Rumpfkapsel konzentrieren: den tiefen Bauchmuskel M. transversus abdominis, die tiefe Rückenmuskulatur, das Zwerchfell und die Beckenbodenmuskulatur.

Die 4 wichtigen Teile der Rumpfkapsel

Rumpfkapsel besteht aus den vier Teilen Zwerchfell, Beckenboden, Bauchmuskulatur und tiefe Rückenmuskulatur

1. M. transversus abdominis

Der M. transversus abdominis (TVA) ist der tiefste der Bauchmuskeln und umschließt den Rumpf wie ein Korsett. Seine Hauptfunktion ist die Stabilisierung der Wirbelsäule und des Beckens. Der M. transversus abdominis spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der intraabdominalen Druckverhältnisse, was wiederum die Wirbelsäule entlastet und schützt.

Eine Studie von Hodges et al. (1999) zeigte, dass der M. transversus abdominis einer der ersten Muskeln ist, der natürlicherweise aktiviert wird, wenn Stabilität erforderlich ist, zum Beispiel bei der Vorbereitung auf eine Bewegung oder beim Heben von Gegenständen. Ein gut trainierter TVA ist daher unerlässlich für die Prävention von Rückenschmerzen und die Förderung einer guten Haltung.

M. transversus abdominis

Während der Schwangerschaft dehnt sich der M. transversus abdominis aus, um Platz für das wachsende Baby zu schaffen und wird abgeschwächt. Der Körper muss nach der Schwangerschaft erst wieder lernen diesen wichtigen Muskel anzusteuern und zu aktivieren. Wie Du das machst, erfährst Du im Artikel zu tiefe Bauchmuskeln trainieren.

2. Tiefe Rückenmuskulatur

Die tiefe Rückenmuskulatur, einschließlich der Muskeln des erector spinae und des multifidus, verläuft entlang der Wirbelsäule und ist für die Aufrechterhaltung und Stabilisierung der Wirbelsäule verantwortlich. Diese Muskeln ermöglichen es uns, aufrecht zu stehen, uns zu bücken und zu drehen.

Eine starke tiefe Rückenmuskulatur ist entscheidend für die Vermeidung von Verletzungen und chronischen Rückenschmerzen. Studien haben gezeigt, dass gezielte Übungen zur Stärkung dieser Muskeln, wie Rückenstrecker-Übungen und stabilisierende Bewegungen, die Wirbelsäulenstabilität verbessern und die Rückenschmerzsymptome verringern können .

Während der Schwangerschaft verlagert sich der Schwerpunkt des Körpers nach vorne, was zu einer veränderten Belastung der Rückenmuskulatur führt. Diese Muskeln müssen härter arbeiten, um das zusätzliche Gewicht zu tragen und die veränderte Körperhaltung zu kompensieren.

3. Zwerchfell

Das Zwerchfell ist der Hauptmuskel der Atmung und spielt auch eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des Rumpfes. Es trennt den Brustraum vom Bauchraum und arbeitet eng mit dem tiefen Bauchmuskel – M. transversus abdominis und den Beckenbodenmuskeln zusammen, um den Druck im Bauchraum zu regulieren. Eine effiziente Atemtechnik, die das Zwerchfell einbezieht, kann dazu beitragen, die Rumpfstabilität zu verbessern und die körperliche Leistung zu steigern.

Eine Studie von Kolar et al. (2009) zeigte, dass eine dysfunktionale Atemtechnik, bei der das Zwerchfell nicht optimal genutzt wird, zu einer verminderten Rumpfstabilität und einem erhöhten Risiko für muskuläre Dysbalancen führen kann. Atemübungen, die das Zwerchfell aktivieren, sind daher eine wertvolle Ergänzung zu jedem Rumpftrainingsprogramm.

Während der Schwangerschaft wird das Zwerchfell nach oben gedrückt, da das wachsende Baby mehr Platz im Bauchraum einnimmt. Diese Veränderung kann die Atemkapazität und -effizienz beeinträchtigen.

4. Beckenbodenmuskulatur

Die Beckenbodenmuskulatur bildet den Boden des Beckens und unterstützt die Organe des kleinen Beckens. Diese Muskeln spielen eine wesentliche Rolle bei der Kontrolle der Blasen- und Darmfunktion sowie bei der Stabilisierung des Rumpfes.

Der Beckenboden arbeitet eng mit dem M. transversus abdominis und dem Zwerchfell zusammen, um eine starke und stabile Körpermitte zu gewährleisten.

Eine starke Beckenbodenmuskulatur ist besonders wichtig für Frauen nach der Geburt, aber auch für Männer, um Inkontinenz und andere Beckenbodenprobleme zu vermeiden. Studien haben gezeigt, dass gezielte Beckenbodenübungen nicht nur die Funktionalität und Kraft dieser Muskeln verbessern, sondern auch die allgemeine Rumpfstabilität unterstützen können .

Während der Schwangerschaft erfährt der Beckenboden eine erhebliche Belastung durch das wachsende Baby und die hormonellen Veränderungen, die das Bindegewebe weicher und dehnbarer machen. Diese Belastung kann zu einer Schwächung der Beckenbodenmuskulatur führen, was Inkontinenz und eine reduzierte Rumpfstabilität zur Folge haben kann.

Integration und Training

Die vier genannten Muskelgruppen arbeiten synergetisch zusammen, um eine stabile und funktionale Rumpfkapsel zu bilden. Ein effektives Trainingsprogramm sollte Übungen beinhalten, die alle diese Muskeln ansprechen und ihre Zusammenarbeit fördern. Nur wenn alle vier Anteile der Rumpfkapsel intakt sind und aktiviert werden, kann die stabile Mitte erreicht werden.

Herausforderungen der Rumpfkapsel nach der Schwangerschaft

Nach der Geburt steht der Körper vor der Aufgabe, die Funktion und Stabilität der Rumpfmuskulatur wiederherzustellen. Viele Frauen berichten über eine verminderte Rumpfstabilität, Rückenschmerzen und eine allgemeine Schwäche im Core-Bereich. Eine unzureichende Rückbildung kann langfristige Probleme verursachen, wie chronische Rückenschmerzen und Beckenbodenprobleme.

Während der Schwangerschaft passt sich der Körper an das wachsende Baby an, was erhebliche Auswirkungen auf die Rumpfmuskulatur hat. Die Muskulatur dehnt sich aus und wird schwächer, um Platz für das Baby zu schaffen. Insbesondere die geraden Bauchmuskeln (Rectus abdominis) weichen auseinander, ein Phänomen, das als Rektusdiastase bekannt ist. Die Rektusdiastase muss also nach der Geburt wieder geschlossen bzw. stabilisiert werden.

Methoden zur Stärkung der Rumpfkapsel nach der Schwangerschaft

Das Training der Rumpfkapsel nach der Schwangerschaft sollte schrittweise und systematisch erfolgen. Ein multimodaler Ansatz, der sowohl physiotherapeutische Maßnahmen als auch spezifische Übungen umfasst, hat sich als besonders effektiv erwiesen. Hier sind einige der wichtigsten Methoden:

1. Physiotherapie

Physiotherapie kann eine entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung der Rumpfstabilität spielen. Eine Studie von Kari Bø et al. (2016) zeigte, dass ein individuell angepasstes physiotherapeutisches Programm, das auf die Bedürfnisse von postpartalen Frauen abgestimmt ist, signifikante Verbesserungen in Bezug auf Rumpfstabilität und Rückenschmerzen bringen kann .

2. Spezifische Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur

Gezielte Übungen zur Stärkung der tiefen Bauch- und Rückenmuskulatur sind essentiell. Ein Beispiel hierfür sind Übungen, die den Transversus Abdominis (den tiefsten Bauchmuskel) ansprechen. Eine Studie von Stuge et al. (2004) fand heraus, dass spezifische Stabilisationsübungen, die diesen Muskel einbeziehen, besonders effektiv bei der Verbesserung der Rumpfstabilität und der Reduzierung von Rückenschmerzen sind .

Eine Vorstellung von Übungen für die tiefe Bauchmuskulatur findest Du im Artikel: Tiefe Bauchmuskeln trainieren.

3. Integration von Beckenbodenübungen

Der Beckenboden ist eng mit der Rumpfkapsel verbunden und sollte in die Übungen einbezogen werden. Übungen zur Stärkung des Beckenbodens können zur Verbesserung der Gesamtstabilität beitragen und Probleme wie Inkontinenz vorbeugen. Eine systematische Übersichtsarbeit von Dumoulin et al. (2018) betonte die Bedeutung von Beckenbodenübungen für die postpartale Rehabilitation und zeigte deren Wirksamkeit bei der Prävention und Behandlung von Inkontinenz.

Hier gehts zu Beckenboden-Übungen.

Langfristiges Training der Rumpfkapsel zur Prävention von Krankheiten nötig

Langfristig solltet ihr auch nach der ersten Rückbildungsphase, also auch nach einem Rückbildungskurs weiterhin Übungen zur Stärkung der Rumpfkapsel in ihren Alltag integrieren! Denn die Rückbildung ist nicht mit einem Rückbildungskurs abgeschlossen.

Wieder richtig fit zu werden nach der Schwangerschaft, kann auch 2-3 Jahre dauern. Das heißt nicht, dass Du so lange auf Sport verzichten sollst. Aber Du musst einfach die richtigen Übungen machen und möglicherweise manche Sportarten noch etwas aufschieben, dafür eben andere Sportarten machen. Bis Dein Rumpf wieder seine stabilisierende Funktion voll ausführen kann. Andernfalls drohen (gefährliche) Verletzungen.

Insbesondere im ersten Jahr solltest Du auf Training der geraden Bauchmuskeln (Sit-ups), schweres Heben und Tragen, joggen, rennen und hüpfen verzichten. Sonst kannst Du Deinem Körper wirklich Schäden zufügen, die so schnell nicht mehr weggehen. Leider habe ich das nach meiner ersten Schwangerschaft noch nicht gewusst und habe einen Bandscheibenvorfall davongetragen.

Hier findest Du Übungen, die Du nach der Schwangerschaft machen kannst: Rückbildungsübungen.

Und hier findest Du darüberhinaus gehende Übungen für den ganzen Körper auch im ersten und zweiten Jahr nach der Geburt.

Fazit

Die Rumpfkapsel spielt eine entscheidende Rolle für die Stabilität und Funktionalität des Körpers, besonders nach der Schwangerschaft. Veränderungen während der Schwangerschaft können zu einer Schwächung dieser Muskelgruppe führen, was postpartal eine gezielte Wiederaufbau-Phase erfordert. Wissenschaftlich fundierte Ansätze, einschließlich Physiotherapie, spezifischer Übungen und Beckenbodenübungen, sind essentiell für die Wiederherstellung und langfristige Gesundheit der Rumpfmuskulatur. Eine umfassende und kontinuierliche Pflege dieser Muskelgruppe ist sehr wichtig und kann helfen, langfristige Probleme zu vermeiden und die Lebensqualität zu verbessern.

Literaturverweise

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Die Artikel zu Gesundheitsthemen ersetzen keinen Arztbesuch. Weitere Infos dazu findest Du hier.

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