Es war eine dieser typischen Situationen: Ich saß gemütlich auf der Couch, ein Kinderbuch in der Hand, während mein kleines Kind gespannt lauschte. Und plötzlich – ohne Vorwarnung – rollten die Tränen. Nicht wegen des berührenden Inhalts, sondern einfach so. Willkommen in der Welt der Schwangerschaftshormone!
Das wachsende Chaos im Kopf
Ich erinnere mich noch genau daran, wie es begann. Anfangs waren es nur kleine Momente, in denen ich mich ein wenig gereizt oder traurig fühlte. Doch je weiter die Schwangerschaft fortschritt, desto intensiver wurden die Stimmungsschwankungen. Im letzten Drittel war es schließlich wie eine emotionale Achterbahnfahrt, die nur noch nach oben und unten raste, ohne anzuhalten. Freude und Traurigkeit wechselten sich ab wie das Wetter – manchmal innerhalb von Minuten.
Tränen über Tränen
In diesen Monaten war ich unglaublich nah am Wasser gebaut. Alles konnte mich zum Weinen bringen: Ein trauriger Film, ein harmloser Kommentar meines Mannes, ja, sogar das Vorlesen eines Kinderbuchs. Einmal musste ich während eines simplen Gesprächs heulend das Zimmer verlassen, nur weil mein Mann einen völlig unschuldigen Satz sagte. Der arme Kerl stand dann oft völlig ratlos da und wusste nicht, was er tun sollte – bis er schließlich verstand, dass es „nur die Hormone“ waren.
Und dann war da diese Angst – eine konstante, schleichende Unsicherheit, die sich manchmal wie ein Schleier über meine Tage legte. Die Kombination aus Ängstlichkeit, Traurigkeit und plötzlichen Wutausbrüchen machte mich selbst völlig hilflos. Ich erkannte mich manchmal nicht wieder. Es war, als ob mein Körper von einem anderen Planeten gesteuert wurde.
Die Auswirkungen auf Alltag und Beziehungen
Natürlich blieb das nicht ohne Folgen. Bei der Arbeit fiel es mir zunehmend schwer, mich zu konzentrieren. Meine Gedanken schweiften ständig ab, und die einfachsten Aufgaben wurden zu einem Kraftakt. Zuhause war es nicht besser. Es war anstrengend – nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie. Mein Mann war mein Hauptleidtragender. Ich war launisch, aggressiv und oft einfach nicht ich selbst. Doch zum Glück lernte er irgendwann, meine Ausbrüche mit einer gewissen Gelassenheit zu ertragen. Er wusste, dass diese Phasen kommen und gehen – und dass es nicht seine Schuld war.
Strategien gegen das Chaos
Was mir half, war eine Kombination aus Bewegung und Ruhe. Ich ging viel spazieren. Die frische Luft und das Alleinsein halfen mir, meine Gedanken zu ordnen und mich zu beruhigen. Außerdem entdeckte ich die beruhigende Wirkung von Hypnobirthing-Meditationen. Diese halfen mir, mich zu entspannen und den inneren Sturm zu mildern.
Schlaf war ebenfalls ein wichtiger Schlüssel. Ich gönnte mir so viele Ruhepausen wie möglich, um die emotionale Erschöpfung zu kompensieren. Manchmal war der Tag einfach zu viel, und dann half nur noch ein Nickerchen, um mich wieder zu fangen.
Unterstützung macht den Unterschied
- Eines muss ich sagen: Mein Mann war ein Fels in der Brandung. Trotz meiner Ausbrüche und der emotionalen Achterbahn hat er nie die Geduld verloren. Er zeigte immer Verständnis und wusste irgendwann, dass es die Hormone waren, die mich so unberechenbar machten. Das war ein großer Trost und half mir, mit den Schwankungen besser umzugehen.
- Das Licht am Ende des Tunnels
Doch zum Glück: Nach der Geburt ging es mir schlagartig besser! Es war, als ob mit der Geburt nicht nur mein Baby, sondern auch ein riesiger emotionaler Ballast abfiel. Plötzlich fühlte ich mich wieder wie ich selbst. Die Welt war wieder klarer, meine Emotionen geordneter. Es war ein unbeschreibliches Gefühl der Erleichterung.
Tipps für Mit-Leidende
- Wenn ich anderen Schwangeren, die mit ähnlichen Stimmungsschwankungen kämpfen, einen Rat geben könnte, dann wäre es dieser: Nehmt es an. Diese Gefühle sind normal, und sie vergehen. Wichtig ist, dass ihr euch Pausen gönnt, eure Emotionen akzeptiert und, wenn möglich, Unterstützung sucht – sei es von eurem Partner, Freunden oder einer professionellen Beratung.
Und falls euch das Vorlesen eines Kinderbuches plötzlich zum Weinen bringt – glaubt mir, ihr seid nicht allein!
Stimmungsschwankungen gehören einfach zur Schwangerschaft dazu. Aber sie sind nur eine Phase, die vorübergeht – und am Ende wartet das größte Glück.
Sonja ist Ernährungswissenschaftlerin und promovierte Epidemiologin mit langjähriger Erfahrung in der Gesundheitsforschung. Seit der Geburt ihrer beiden Kinder 2019 und 2023 beschäftigt sie sich intensiv mit dem Thema Rückbildung und der Thematik, wie man wieder einen gesunden und schönen Körper mit stabiler Mitte nach der Schwangerschaft bekommen kann. Sie möchte Euch helfen, nach der Schwangerschaft wieder fit zu werden!